Nicaragua – Vulkantourismus-Erfahrungen in der „Cordillera de los Maribios“-Region
Nicaragua, das Land in Zentralamerika, welches nicht nur mit der karibischen Atlantikküste, dem Surferparadies an der Pazifikküste, den großen Seen (Nicaragua- und Managua-See), der Insel Ometepe, den verschiedensten Arten von Vögeln, den äußerst freundlichen Menschen, den mittelamerikanischen Lebensstil und der mit purer Lebensfreude versetzten Musik bei Reisenden punkten kann, sondern auch mit Bergen. Man vergisst leicht auf die schlafenden Riesen, welche im ganzen Land verteilt sind, die Vulkane. Nicaragua ist bekannt für seine vielen Vulkane, darunter schlummern Vulkanriesen wie der 1745 Meter hohe Schichtvulkan „San Cristóbal, der 1700 Meter hohe, auf Ometepe gelegene, „Concepción“ oder kleinere „Hügel“ wie die Vulkane „Telica“ und „Cerro Negro“.
Tektonik & Cordillera de los Maribios-Region
Umgeben von
- der Nordamerikanischen-Platte,
- der Südamerikanischen-Platte,
- der Kokos-Platte und
- der Nazca-Platte,
befindet sich Nicaragua auf der Karibischen-Platte. Diese misst circa 3 Millionen Quadratkilometer und ist ständig in Bewegung. Unklar ist leider bis heute noch immer, wie die Nord- und Südamerikanischen Platten in Kombination zur Karibischen-Platte stehen. Man vermutet, dass sich die Karibik-Platte oberhalb beider Platten befindet. Ganz klar hingegen ist, dass die Kokos-Platte, im Westen an der Pazifikküste, unterhalb der Karibischen-Platte liegt und maßgeblich für die, aus der Subduktion gebildeten, Vulkane (siehe Grafik unten) in der Cordillera de los Maribios-Region verantwortlich ist. Diese erstreckt sich 64 Kilometer entlang der westlichen Küste Nicaraguas von Chinandega bis León. Diese vulkanische Bergkette besitzt fünf Vulkane:
- San Cristóbal (Schichtvulkan),
- Las Pilas (Schildvulkan),
- Telica (Schichtvulkan)
- Cerro Negro (Schlackenkegel) und
- Momotombo (Schichtvulkan)
Subduktion vs. Obduktion
Als Subduktion bezeichnet man das Abtauchen einer tektonischen Platte, wenn diese auf eine andere Platte im Erdmantel trifft. Eine Obduktion ist genau das Gegenteil, dabei schiebt sich eine tektonische Platte über eine andere Platte.
Vulkan-& Arten
Jeder Vulkan ist unterschiedlich, dennoch kann man jeden Vulkan durch sein Aussehen, seine Merkmale in eine der sieben Vulkanarten einteilen:
- Schichtvulkan: Diese Art von Vulkan besticht mit seiner spitz-kegligen Form. Zudem hat er die Eigenschaft, dass er ziemlich steil ist. Ein Schichtvulkan besteht aus einzelnen Schichten von erkalteter Lava und Lockermassen und befindet sich besonders häufig über Subduktionszonen.
- Caldera (weitere gleichende Art: Sommavulkan): Caldera bedeutet vom spanischen her übersetzt Kessel und beschreibt eben die Form des Vulkans.
- Schildvulkan: Diese Vulkane sind sehr schildartig aufgebaut und besitzen eine aufgewölbte Form.
- Schlackenkegel: Eine Vulkanart mit steilen Flanken und stumpfen Spitzen. Man nennt diese Art auch Aschekegel.
- Komplexvulkan: Diese Vulkane sind sehr komplex aufgebaut, haben mehrere Bergspitzen, Schlote und Krater und sind sehr weit verbreitet.
- Plateauvulkan: Die Form eines Plateauvulkans gleicht jener eines Schildvulkans. Ein dezentraler Lavaaustritt ermöglicht hier die Entstehung eines Plateaus.
Vulkantourismus-Erfahrung:
Telica und Cerro Negro Telica-Aktivität
Der Telica Vulkan ist einer der aktivsten Vulkane Zentralamerikas und brach das erste Mal 1527 aus. Damals war der Ausbruch noch relativ groß und wurde mit der Zahl 3 gemäß des Vulkanexplosivitätsindex bemessen. In den heutigen Tage gibt es fast nur mehr die Stärken 1 und 2. Die Stärke 2 und somit auch der letzte Ausbruch des Vulkans liegt 3 Jahre zurück und war am 14. Mai 2011.
Telica | Vollmondtour mit Übernachtung
In León angekommen und dem obligatorischen Besuch am Las Penitas-Strand und der Fahrt mit dem Chicken-Bus dort hin, hatten wir als Gruppe noch 2 ganze freie Tage in León. Doch wie diese Tage nutzen? Na klar, mit einer “Vollmond-Vulkantour” mit Übernachtung auf dem 15 Kilometer entfernten, knappe 1000 Meter hohen, Telica-Vulkan. Der Telica gehört, wie oben schon erwähnt zu der Vulkanart “Schichtvulkan”. Wir starteten mit unseren Guide “Jesus” von einem Dorf knapp neben der Hauptstraße. Zuerst bewegten wir uns in Richtung Telica in einem ausgetrockneten Flussbeet. Nach
mehreren Pausen erreichten wir nach circa 1,5 Stunden einen markanten Orangenbaum bei dem wir in ein steileres Gelände abbogen. Von nun an gings steil im staubigen Gelände bergauf. An einem Nest eines “Lapa Verde” vorbei zum Basislager. Mit im Gepäck natürlich 2 Zelter, Schlafsäcke, 4 Liter Wasser pro Kopf und Essen. Dass, der Aufstieg, wie vorher von vielen Seiten als Spaziergang belächelt, kein Zuckerschlecken wird, wurde uns erst jetzt bewusst. Der Schweiß tropfte von unseren Gesichtern herunter und der Staub der ausgetrockneten Erde blieb an unseren Waden kleben. Es war eine anstrengende Tour und der Guide hielt seine Schrittgeschwindigkeit immer konstant. Schlussendlich im Basislager angekommen, bauten wir unsere Zelter für die Nacht auf und suchten Holz für die Lagerfeuerstelle. Kurz darauf gings vom Basislager zum Aussichtsort, unterhalb des Vulkans, wo wir den Sonnenuntergang genießen konnten. Es war eine herrliche Atmosphäre, die Sonne und der Vulkan neben uns in warmer Sonnenuntergangs-Farbe getaucht. Nachdem die Sonne untergegangen war, machten wir uns auf den Weg zurück ins Basislager, um uns etwas zu stärken. Leider oder zum Glück, von welcher Seite man es aus sehen will, ging der Wind vom Aufstieg (kühlender Wind bei heißem Wetter) weg bis tief in die Nacht. Das erschwerte natürlich die Nahrungsaufnahme sowie die nächtliche Ruhe nach der Vollmond-Wanderung zum Krater hinauf.
Die Vollmondtour war das Zuckerstück der Tour. Wir benötigten kein Licht, da uns der Mond genug spendete. So machten wir uns kurz nach 21 Uhr und nach einigen “Gespenster-Geschichten” des Guides und der Locals, die dort eine Art “Entrance-Fee” einhoben, auf zum Krater. Über einen kleinen steinigen Pfad stiegen wir innerhalb von 20 Minuten zum Krater auf und legten uns am Rand des Kraters auf unseren Bauch, um das Magma erspähen zu können. Am Weg dorthin erfüllte der Duft von Schwefel unsere Nasen und das Gröllen der Magma im Vulkan wurde immer lauter. Somit wussten wir, dass es nicht mehr weit bis zum Krater sein kann. Nach einigen Fotos, Langzeitbelichtungsaufnahmen und Konversation mit dem Guide gings wieder zurück zu den Zelten, wo auf uns eine windige Nacht mit wenig Schlaf wartete, da uns der Wind den Stoff des Zeltes immer wieder in unsere Gesichter wedelte. Am Morgen gings abermals zum Krater, um den Sonnenaufgang zu genießen. Das Bild, welches on top of volcano unsere Augen erfüllte würde mit Sicherheit in die Kategorie “Earth Porn” eingeordnet werden können. Nach einer kleinen Stärkung stiegen wir ab und machten noch einen kleinen Umweg über das Heimatdorf des Guides, wo wir eiskalte Getränke zu uns nehmen konnten. Es war ein tolles Erlebnis einen Vulkan zu besteigen und noch ein größeres dort zu übernachten beziehungsweise eine Vollmond-Tour zu unternehmen.
Tipps für Vulkanbesteigungen dieser Art:
- festes Schuhwerk, Trekkingschuhe oder Bergschuhe empfehlenswert
- Stirnlampe
- Medipack
- Kamera (um Bilder festzuhalten)
- Proviant gut einrechnen (nicht zu viel auf den Berg schleppen)
- viel zu trinken – ev. Camel-Bag
- warmer Pullover für windige Nächte
- Kappe + Sonnencreme
Cerro Negro Entstehung und Aktivität
Der Cerro Negro ist der jüngste Vulkan in Zentralamerika und entstand 1850 durch eine Subduktion der Kokos- und Karibischen-Platte. Der “Schwarze Berg” wächst pro Jahr circa neun Centimeter und ist auch einer der aktivsten Vulkane in Zentralamerika. Seit 1850 brach er circa 23 Mal aus. Das letzte Mal geschah das am 5. August 1999 für zwei Tage lang.
Cerro Negro | volcano boarding
Nach der anstrengenden Reise-Exkursionswoche in den Süden und wieder zurück nach León, hatten wir uns als Exkursionsgruppe einen freien Tag verdient. Diesen verbrachten wir am Nachmittag wieder am Strand, doch am Vormittag stand der Aufstieg auf den circa 700 Meter hohen Schlackenkegel Cerro Negro am Programm. Zuerst mussten wir uns mit unserem Chicken-Bus durch die hügelige Landschaft, umringt mit Bäumen und ihren Ästen, die teilweise voll in die Straße hangen, zum Cerro Negro Nationalpark vorkämpfen. Nach einer guten 3/4 Stunde Fahrzeit, standen wir am Fuße des Hügels und bezogen unsere Boards, mit denen wir dann den Vulkan hinunter rodeln sollten. Wir wurden in 6 Gruppen aufgeteilt und stiegen Gruppen-Mäßig zeitversetzt auf. Mit dem Board am Rücken gings über die rechte Flanke des Vulkans hinauf. Durch das steinige Vulkangelände führte ein schmaler Pfad bis zur Flanke. Ab dort wurde es ein wenig steil und durch die kleiner werdenden Steine, war es schwer, Halt zu finden. Nach 2 Pausen waren wir am wieder mal sehr windigen Grad angelangt. Von dort ging es kontinuierlich flach zum Gipfel. Der strake Wind machte uns das Tragen der Boards ziemlich schwer und so mussten wir des öfteren die Boards ablegen und warten bis sich der Wind ein wenig legte. Ab einem bestimmten Abschnitt konnte uns der Wind dann nicht mehr so stark angreifen und nach abermals 10 Minuten waren wir da, am Gipfel des Cerro Negro’s. Fotos wurden gemacht und der Guide erzählte uns über den Vulkan und führte ein kurzes Briefing durch, wie wir am besten und sichersten mit unserem Board über den Vulkan hinunter rutschen sollten. Mit Schutzkleidung und Schutzbrillen bewaffnet, stellten wir uns dem schnellen, rasanten Abstieg. Nach drei minütiger Abfahrt und vielen kleinen, feinen Vulkanbrösel in Mund, Ohren und Schuhen waren wir unten angekommen und schauten noch den anderen zu, die oben auf ihre Abfahrt warteten. Alles in allem ein weiteres tolles Erlebnis, den wer kann von sich schon behaupten, dass er einen Vulkan hinunter gerodelt ist.
Tipps für Volcano-Boarding:
- Action-Cam und Foto-Kamera mitnehmen
- festes Schuhwerk
- Aufstieg ohne Proviant möglich
- Mund bei der Abfahrt schließen 😉
Fazit Vulkantourismus
Ich bin erstaunt, wie gut diese Touren zu den Vulkanen organisiert sind. Vor allem, weil die Guides gutes Englisch an den Tag legen, man sie somit mit Fragen bombardieren kann. Nicht nur Nicaragua hat hier sicherlich eine einzigartige Nische entdeckt mit der man den Tourismus beleben kann. Ich bin gespannt, wie sich dieser Vulkantourismus inklusive Vollmond-Touren oder Volcano-Boarding weiterentwickeln wird und werde dies mit Sicherheit im Auge behalten.